Ausstellung Wilhelm-Friedemann-Bach-Haus

Für alle, die noch mehr in Halles Musik und Geschichte eintauchen möchten.

Wandeln Sie auf den Spuren der Komponisten Samuel Scheidt, Georg Friedrich Händel, Wilhelm Friedemann Bach, Johann Friedrich Reichardt, Carl Loewe und Robert Franz.


Neben Wissenswertem zum Leben und Schaffen der Komponisten werden auch gesellschaftshistorische Hintergründe der jeweiligen Zeit vermittelt. An Medienstationen sind Musikstücke der Komponisten zu hören. Neben Notenerstdrucken und Faksimiles sind historische Musikinstrumente ausgestellt. Zwei Räume informieren über die Hausmusik in Halle. Über die Musikerstätten in Halle gibt ein großformatiger Stadtplan Auskunft.

Prunkstück ist eine historische Bohlenstube mit Resten von Wandmalereien (Blumenmotive) aus dem 16. Jahrhundert im ältesten Teil des Gebäudekomplexes. Endpunkt der Ausstellung ist ein Salon, der dem Komponisten Robert Franz gewidmet ist und in dem neben seinem originalen Flügel auch Möbel aus seinem Besitz ausgestellt sind.

Tipp: Sparen Sie mit dem Kombiticket für das Händel-Haus und das Wilhelm-Friedemann-Bach-Haus.

Die Stiftung Händel-Haus dankt der Halleschen Wohnungsgesellschaft mbH (HWG) für die großzügige Unterstützung. Die Ausstellung wurde durch die Mitteldeutsche Barockmusik e. V. aus Mitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gefördert.

 

Wilhelm Friedemann war der älteste und vielleicht begabteste Sohn von Johann Sebastian Bach. Nachdem er mehrere Jahre lang in Dresden Organist an der Sophienkirche war, nahm er 1746 in Halle die Stelle des Organisten an der Marktkirche und städtischen Musikdirektors an – jene Stelle, die sein Vater drei Jahrzehnte zuvor ausgeschlagen hatte. Die große Orgel, die ihm zur Verfügung stand, war 1716 von Johann Sebastian Bach begutachtet worden. Wilhelm Friedemann kündigte nach 18 Dienstjahren und zog danach in das Haus im Nikolaiviertel Nr. 386 (heute Große Klausstraße 12), wo er bis 1770 wohnte. Immer wieder bemühte er sich erfolglos um eine feste Anstellung. Nach einigen Jahren in Braunschweig ging er 1774 nach Berlin, wo er schließlich in großer Armut starb.

Samuel Scheidt war einer der bedeutendsten deutschen Orgelmeister des 17. Jahrhunderts und als Musiker, Komponist und Orgelsachverständiger hoch geschätzt. Schon als 15-Jähriger wurde er Organist an der Moritzkirche, später dann Hoforganist und schließlich Hofkapellmeister an der hallischen Residenz.
Nachdem er in diesem Amt nicht mehr tätig sein konnte, weil sich die Hofkapelle während des Dreißigjährigen Krieges auflöste, fand Scheidt zwischen 1628 und 1630 eine Anstellung als städtischer Musikdirektor, spielte die Orgel in der Marktkirche und leitete in den Gottesdiensten den Stadtsingechor. Sein Geburtshaus in der Leipziger Straße (am heutigen Standort der Thalia-Buchhandlung) ist nicht erhalten.

Der Komponist Georg Friedrich Händel wurde am 23. Februar 1685 in Halle an der Saale geboren. Hier verbrachte er die ersten 18 Jahre seines Lebens und erlangte sein musikalisches Können. Im Frühjahr des Jahres 1703 brach er nach Hamburg auf, um schließlich nach Zwischenstationen in Italien (Florenz, Rom, Neapel und Venedig) und Hannover englischer Nationalkomponist in London zu werden. Zeitlebens jedoch hielt er Kontakt zu seiner Familie in Halle und besuchte seine Heimatstadt noch mehrere Male. Händel starb am 14. April 1759 in London und wurde in der Westminster Abbey beigesetzt. Das Händel-Haus in Halle, in dem Händel geboren wurde und während seiner Jugend lebte, ist heute ein Musikmuseum und internationales Zentrum der Händel-Pflege.

Johann Friedrich Reichardt ist als Komponist und Herausgeber zahlreicher Lieder und als Musikschriftsteller bekannt. Fast zwanzig Jahre lang hatte er in Berlin als königlich-preußischer Hofkapellmeister gewirkt, ehe er wegen seiner Sympathien für die Französische Revolution in Ungnade fiel und sich dann 1794 in Giebichenstein niederließ. In seinem Anwesen (heute „Reichardts Garten“, Gebäude nicht erhalten) empfing er zahlreiche honorige Gäste und veranstaltete Hausmusiken, bei denen auch seine musikalisch begabten Töchter und der junge Carl Loewe mitwirkten. Reichardt starb in Giebichenstein und wurde auf dem Friedhof von St. Bartholomäus beigesetzt.

Carl Loewe gilt als der bedeutendste deutsche Balladenmeister. Er wurde in Löbejün geboren und verbrachte seine prägende Ausbildungszeit in Halle. Zunächst war er Schüler an den Franckeschen Stiftungen und sang im Stadtsingechor unter Daniel Gottlob Türk, später studierte er hier Theologie und schrieb seine ersten Balladen, darunter „Erlkönig“ und „Edward“. Sein Hauptwirkungsort war dann Stettin, wo er ab 1820 als Gymnasiallehrer, Musikdirektor, Organist und Kirchenmusiker an St. Jacobi tätig war. Von hier aus unternahm er zahlreiche Konzertreisen, auf denen er seine Balladen sang und sich dabei selbst am Flügel begleitete. Seinen Lebensabend verbrachte er bei seiner Tochter in Kiel, wo er 1869 starb. Carl Loewe wohnte als Schüler bei seinem Lehrer Türk in der Großen Steinstraße in einem Haus, das scherzhaft „Türkei“ genannt wurde. Das Gebäude wurde jedoch im zweiten Weltkrieg zerstört. Im Erwachsenenalter wohnte er am Großen Berlin, in welchem Haus ist allerdings nicht bekannt.

Robert Franz ging als einer der bedeutendsten Liederkomponisten des 19. Jahrhunderts und als Bearbeiter von Werken alter Meister, besonders von Bach und Händel, in die Musikgeschichte ein. Er stammte aus einer Hallorenfamilie und wirkte viele Jahre als Organist an der Ulrichskirche in Halle. Außerdem war er bis zu seiner Ertaubung 1867 Universitätsmusikdirektor und Dirigent der Singakademie, die er mit großem Erfolg leitete, weshalb sie seit 1907 seinen Namen trägt. Sein Grab befindet sich auf dem Stadtgottesacker. Sein Geburtshaus (Brunoswarte) wurde in den 1960er Jahren abgerissen. Es war einst eine Außenstelle des Händel-Hauses. Sein späteres Wohnhaus in der Lange Straße in Glaucha ist ebenfalls nicht mehr vorhanden. Das Sterbehaus von Franz in der Luisenstraße wird heute noch als Wohnhaus genutzt.

Hausmusik hat in Halle eine lange Tradition. Musiziert wurde in der guten Stube, im mondänen Salon oder auch im Freien, in privaten Parks und Gärten.

Besonders beliebt beim häuslichen Musizieren war von jeher das Lied. Und gerade Halle spielte eine bedeutende Rolle in der deutschen Liedgeschichte mit Johann Friedrich Reichardt als Komponist und Herausgeber von volkstümlichen Liedern, Carl Loewe als Balladenmeister und Robert Franz als Schöpfer kleiner, intimer Lieder.

Auch in Bohlenstuben der Renaissancezeit hat man musiziert. Wer auch immer sich den Raum in der Großen Klausstraße 12 errichten ließ, seiner Familie trauen wir zu, dass man hier auf einem Virginal aus Flandern spielte, sich auf einer Theorbe aus Rom zum Gesang begleitete oder eine Gambe aus Südtirol zum Klingen brachte. Drei wertvolle Renaissance-Musikinstrumente jedenfalls erwachen nun am passenden Ort zu neuem Leben. Im benachbarten Raum wird eine Gegenüberstellung zu Hausmusikinstrumenten aus dem 20. Jahrhundert gewagt und unter anderem an den Musizierkreis um den hallischen Komponisten Gerd Ochs erinnert.