Das Festspiel-Thema
OH LÀ LÀ! HÄNDEL? – FRANZÖSISCHE INSPIRATIONEN
Grundlage für Händels Weltkarriere war die Ausbildung,
die seine Heimatstadt Halle ihm vermittelte.
Als der weitgereiste Johann Philipp Krieger mit dem
herzoglichen Hof von Halle nach Weißenfels wechselte,
verkaufte er seine Sammlung von Musikstücken an die
Marienkirche am Markt. Für jeden halleschen Musiker
wurde die noch heute bestehende Marienbibliothek
zur Fundgrube. Der Organist der Marktkirche, Friedrich
Wilhelm Zachow, brachte Händel die unterschiedlichen
Musikstile nahe. Zachow, so Händels Biograph
Mainwaring, „besaß eine ansehnliche Sammlung
italienischer und deutscher Musikalien. Er zeigte dem
Händel die mannigfaltige Schreib- und Setzart
verschiedener Völker nebst eines jeden Verfassers
Vorzügen und Mängeln.“ Kritisches Denken hilft eben
auch beim Komponieren. Natürlich lernte Händel dabei
auch französische Noten kennen, war die französische
Kultur doch allen Gebildeten geläufig. Und eine
humanistische Ausbildung gab Halle Händel auch mit
auf den Weg – Französisch war vermutlich die erste
lebende Fremdsprache, die er lernte. Wie gut er die
französischen Tänze kennengelernt hat, lässt sich in
jeder Suite hören, und seine Opern werden gewöhnlich
im gemessenen Schritt französischer Ouvertüren
eröffnet. Viele gute Gründe, bei diesen Händel-Festspielen
dem Französischen in Händels Musik
nachzugehen.
Telemann schrieb über die Hannoversche Hofkapelle,
dort sei „der beste Kern von Franckreichs Wissenschafft
zu einem hohen Baum und reiffster Frucht
gediehen“ – kein Wunder, dass der junge Händel da
hinwollte. Racines Esther, Athalie und Berenice (als
Vorlage zu Titus) und Quinaults Amadis und Thésée
dienten ihm als Vorlage für die Libretti von Opern und
Oratorien, und auch Flavio und Theodora haben
französische Wurzeln. Fünf davon können Sie bei
diesen Festspielen erleben, zusätzlich das ergänzte
Fragment von Titus l‘Empéreur im Carl-Maria-von-
Weber-Theater in Bernburg.
Zwei Programme binden den Tanz
ein, der dem Sonnenkönig so wichtig war: Das beliebte
Pera Ensemble spannt mit Danse l’Europe die Brücke
zum Morgenland, und die lautten compagney BERLIN
entwickelt eine Tanzperformance zu Händels
Ballettmusik für die französische Tänzerin Marie Sallé
– Terpsicore, Muse des Tanzes. Namen wie Magdalena
Kožená, Jos van Immerseel, Franco Fagioli stehen für
höchstes künstlerisches Niveau. Als Überraschungsgast
habe ich den phänomenalen Organisten Cameron
Carpenter engagiert.
Zu den Wochenenden bieten wir diesmal drei
Abonnements an, die Ihnen die Auswahl erleichtern
und den Geldbeutel schonen. Unsere auswärtigen und
internationalen Gäste laden wir ein, die freien
Vormittage zu nutzen, um in Halle auf Entdeckungsreise
zu gehen. Zwei neue Führungen lassen Sie
erfahren, wie schön diese Stadt ist. Dank der
Kapitulation in letzter Minute blieb sie weitgehend
unzerstört und zeigt mit ihren großen Gründerzeitvierteln
samt Jugendstilhäusern, wie deutsche
Großstädte vor dem Krieg ausgesehen haben.
In diesem Sinne wünscht Ihnen wunderbare
Festspiel-Tage in Halle
Ihr
Bernd Feuchtner
Intendant der Händel-Festspiele