Band 6 der Studien der Stiftung Händel-Haus ist erschienen

In unserer wissenschaftlichen Publikationsreihe „Studien der Stiftung Händel-Haus“ ist ein weiterer Band, nunmehr der sechste, erschienen. Die Autoren Lars Klingberg und Juliane Riepe knüpfen damit an Band 2 der Reihe an, der im Ergebnis eines an der Stiftung Händel-Haus angesiedelten Forschungsprojektes unter dem Titel „Zur Rezeption Georg Friedrich Händels in den deutschen Diktaturen“ im Jahr 2014 entstanden war. Diese Forschungen wurden an der Martin-Luther-Universität unter der Leitung von Professor Wolfgang Hirschmann weitergeführt. Die Materialbasis für die in Band 6 enthaltenen Studien bildeten zu einem erheblichen Teil die bereits in Band 2 publizierten Analysen und Quellen, die neueren Forschungsarbeiten brachten aber auch weitere Dokumente und Daten zur Händel-Rezeption zum Vorschein. Auf dieser Grundlage wird der Versuch unternommen, die Formen, Strategien und Funktionsweisen der politisch-ideologischen Instrumentalisierung von Musik der Vergangenheit im Deutschland des 20. Jahrhunderts zu systematisieren, sie vergleichend zu beschreiben und zu analysieren.

Die Praxis der politischen Instrumentalisierung von Musik reicht weit in die Vergangenheit zurück und bis in die Gegenwart hinein. Nicht anders verhält es sich mit der politisch-ideologischen Indienstnahme von Geschichte. Vielleicht nicht ganz so alt ist die Praxis, diese beiden ganz unterschiedlichen, aber ähnlich wirkmächtigen Medien der Einflussnahme miteinander zu verknüpfen, um politische und ideologische Vorstellungen und Ziele zu propagieren und durchzusetzen. Diese Praxis nimmt ihren Anfang mit der Ausprägung eines Repertoires historischer Musik, dem man überzeitliche Gültigkeit zuspricht. Indem man diese Werke und Komponisten kanonisiert und sie damit gleichsam der Vergangenheit enthebt, macht man sie für die jeweilige Gegenwart, ihre Ideologie und Politik nutzbar.

Händel gilt in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert als eine zentrale Figur des musikalischen Erbes. Zugleich wurde er von seinen eigenen Lebzeiten an – darin vielleicht nur noch mit Beethoven vergleichbar – als „politischer“ Komponist begriffen und immer wieder politisch-ideologisch instrumentalisiert, besonders augenfällig in den beiden Diktaturen des 20. Jahrhunderts.