Aus Liebe zu Händel

Die ersten Händel-Feste in Halle gab es bereits im 19. Jahrhundert. 1922 wurden Händels Opern bei „Halleschen Händelfesten“ wiederentdeckt, und seit 1952 finden die Händel-Festspiele regelmäßig einmal jährlich statt – zu Ehren Händels, der in Halle geboren wurde und hier die ihn prägenden ersten Jahrzehnte verbrachte, sowie zu Ehren seiner großartigen Musik. Doch um zu erahnen, wie tief die Bindung der Hallenser an Händel tatsächlich ist, lohnen kurze Abstecher ins 18. und 19. Jahrhundert.


1856, drei Jahre vor dem anstehenden 100. Todestag des Barockkomponisten, bewegte der Wunsch die Gemüter, Händel durch ein Denkmal zu würdigen. Man bedenke aber: Es war kein königlicher Befehl, sondern das enorme bürgerschaftliche Engagement der Hallenser, das dieses Projekt auf die Wege brachte:

Denn daraufhin spendeten vor allem zahlreiche hallesche Bürger, aber auch das preußische und britische Königshaus die Mittel, um die Denkmalfinanzierung auf dem Marktplatz der Stadt auf solide Füße zu stellen.

Am 1. Juli 1859, gut dreieinhalb Monate nach Händels 100. Todestag, war es dann soweit, und der bronzene Händel wurde vor der Öffentlichkeit enthüllt – im Rahmen eines Festaktes mit musikalischer Begleitung.

Doch die Händel-Verehrung geht in Halle sogar noch weiter zurück: Um 1780 gab es bereits erste Überlegungen, in Händels Geburtshaus eine Gedenkstätte einzurichten. Der Plan sollte aber erst im 20. Jahrhundert verwirklicht werden: 1937 erwarb die Stadt das Händel-Haus, um hier ein städtisches Musikmuseum zu etablieren, das schließlich 1948 eröffnet wurde.

Die Händel-Forschung hingegen setzt in Halle seit 1955 internationale Maßstäbe: Mit der Hallischen Händel-Ausgabe, deren Redaktion im Händel-Haus ansässig ist, ist eine umfassende werkkritische Gesamtausgabe im Entstehen. 2023 soll sie abgeschlossen sein.

Und was hat das mit den Händel-Festspielen zu tun? Sehr viel, denn die Forschungserkenntnisse der Hallischen Händel-Ausgabe werden regelmäßig der Öffentlichkeit präsentiert – bei herausragenden Aufführungen der Händel-Festspiele.

Historische Wurzeln in den 1920er Jahren: In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen war unter vielen Theaterschaffenden und Musikwissenschaftlern in Deutschland ein zunehmendes Interesse an dem Opernschaffen Georg Friedrich Händels zu beobachten.

So reizte es auch den Kunstwissenschaftler Oskar Hagen, inspiriert von Hermann Abert, dem Begründer der halleschen Musikwissenschaft, sich mit der „Barockoper“ zu beschäftigen. Seine dem Zeitgeschmack angepassten Bearbeitungen und Aufführungen einiger Opern Händels in Göttingen hatten Vorbild-Wirkung. In Händels Geburtsstadt Halle kam es daraufhin zu gleichen Bemühungen. 1922 fanden hier Händel-Festspiele statt, in deren Mittelpunkt nun selbstverständlich eine Opern-Inszenierung stand und zwar „Orlando furioso".

In der Folgezeit und selbst in den Kriegsjahren gelang es immer wieder einigen engagierten Theaterkünstlern und Musikwissenschaftlern sporadisch „Händel-Feste“ oder „Händel-Gedenktage“ zu organisieren.

Nach dem Weltkrieg fanden im Februar 1948 im Zusammenhang mit der Eröffnung des Musikmuseums Händel-Haus erstmals wieder festliche „Händeltage“ statt. Wenn auch noch in einem vergleichsweise bescheidenen Rahmen bildeten sie bereits für viele hallesche Musikfreunde einen bemerkenswerten Neubeginn intensiver Pflege der Musik Händels.

Halle 1952: Von nun an jährliche Händel-Festspiele.

Vom 5. bis 13. Juli 1952 fanden unter der Bezeichnung „Händelfest 1952“ die ersten großen Händel-Festspiele in Halle statt. Sie waren vorrangig geprägt von der Beteiligung aller Musikinstitutionen der Stadt. Die Konzeption war unter anderem der Beratung durch Musikwissenschaftler wie Max Schneider oder Walter Serauky zu danken.

Das Händelfest 1952 machte bereits den Anspruch spürbar, zwar an der Händel-Bewegung der 1920er Jahre anzuknüpfen, aber vor allem Händels Geburtsstadt in Zukunft zu einer deutschlandweit wirkenden Händel-Festspiel-Stadt entwickeln zu wollen.

Schwerpunkt sollte die Rückgewinnung des Opernschaffens Händels für das zeitgenössische Theater bilden. So standen 1952 nicht weniger als drei Inszenierungen („Agrippina“, „Alcina“, „ Tamerlan“) auf dem Programm. (Operndatenbank) „Es ist notwendig, Händel endlich als den anzuerkennen, der er wirklich war: Der große deutsche Opernmeister, der den größten Teil seines Lebens dem Opernschaffen widmete.“ (GMD Horst-Tanu Margraf, Halle)

Die meisten Veranstaltungsformen von 1952 etablierten sich als feste Programmpunkte für die nächsten Jahre oder sogar bis heute. Dazu gehören beispielsweise die musikalische Feierstunde am Händel-Denkmal, Kammermusik im Händel-Haus und in der Aula der Universität, das Abschlusskonzert in der Galgenbergschlucht mit Feuerwerk und ein reichhaltiges Rahmenprogramm mit wissenschaftlichem Vortrag, Sonderausstellungen, Stadtführungen u. a. Einige Angebote, die damals neben Opern- und Oratorien-Aufführungen zur Bereicherung beitrugen, wurden – teilweise nach dreißigjähriger Unterbrechung − später gern wieder aufgegriffen wie Orgelkonzerte und Geistliche Musik in Halles Sakralbauten oder als Beitrag der ortsansässigen Evangelischen Kirche musikalische Gottesdienste.

Nachdem 1953 wieder zu einem Händel-Fest nach Halle eingeladen worden war, fühlten sich die Stadt und alle an der Organisation Beteiligten verpflichtet, von nun an jährlich stattfindende Festspiele zur Tradition werden zu lassen. Bei einer durchschnittlichen Dauer von fünf Tagen fielen die zwei bis drei angebotenen Opernaufführungen weiterhin auffallend ins Gewicht.

Die Inszenierungen des Regieteams Horst-Tanu Margraf, Heinz Rückert und Rudolf Heinrich wurden zu nachhaltigen Ereignissen der so genannten Händel-Opern-Renaissance („Radamisto", „Poros"). Sie stützten sich auf das hauseigene Ensemble des Landestheaters Halle. Der Erfolg vor Ort und die Gastspielanfragen aus Hamburg, Nürnberg und Göttingen bestätigten zum damaligen Zeitpunkt die gewählte Art und Weise, zweihundertjährige Bühnenwerke für das moderne Theater zu erschließen.

Als Maßstab galten die von Walter Felsenstein geprägten Methoden des „realistischen Musiktheaters". Sie schienen dem an die Oper des 19. Jahrhunderts gewöhnten Publikum den Zugang zu erleichtern. Freie Nachdichtungen in deutscher Sprache sollten möglichst logische Handlungsabläufe befördern und psychologisch nachvollziehbare Bühnenfiguren erreichen. Die Kastratenpartien wurden für tiefe Männerstimmen transponiert.

All das führte nicht selten zu erheblichen Eingriffen in die Händelsche Partitur. Allerdings suchte man mit dem Klang nachgebauter historischer Instrumente und der Orientierung an barocker Improvisationskunst eine gewisse Historizität zu wahren.

Die Bearbeitungen lieferten in den Folgejahren reiches Diskussionsmaterial für die Auseinandersetzung um die Aufführungspraxis der Händel-Oper. Nicht zuletzt die Gründung der internationalen Händel-Gesellschaft mit Sitz in Halle 1955 legte den Grundstein für eine kontinuierliche Forschungsarbeit und wissenschaftlich fundierte Erschließung und Aufführung aller Genres im Schaffen Händels.

Während der Festwoche zur Händel-Ehrung der DDR fand am 200. Todestag Händels im halleschen Theater ein Staatsakt der Regierung statt. Der Ministerpräsident Otto Grotewohl würdigte „Volkstümlichkeit“ und „großartigen Optimismus“ der Musik Händels und wie diese „bei uns“ die „Werktätigen“ erreicht habe.

Tatsächlich ließen sich rückblickend auf die sieben vorangegangenen Festspiele zahlreiche künstlerische Erfolge und ein zunehmendes Publikumsinteresse bilanzieren. Neben den mindestens zwei Opernvorstellungen (1959 drei und ein Berliner Gastspiel) gehörte es seit 1955 zur Selbstverständlichkeit, dass eine der gefragtesten Oratorien-Aufführungen stets der Beitrag der Rundfunk-Ensembles aus Berlin darstellte (1959 waren es sogar zwei: „Belsazar“ und „Messias“). Die wohlwollende staatliche Förderung der halleschen Aktivitäten in Sachen Händel-Pflege ermöglichte ab jetzt, dem wachsenden Anspruch auf Internationalität entgegenzukommen und vermehrt Künstler und Gäste aus dem Ausland einzuladen.

Bestandteil der Festwoche 1959 war erstmals eine mehrtägige wissenschaftliche Konferenz. Sie widmete sich unter Beteiligung internationaler Händelforscher bereits einigen Aspekten und Problemen wünschenswerter Aufführungspraxis Händelscher Musik.

Die Suche nach einem eigenen exemplarischen Halleschen Aufführungsstil führte in den 60er Jahren zu Kontroversen zwischen Theaterpraktikern und Musikwissenschaftlern. Aufführungspraktische Fragen standen in den jährlichen wissenschaftlichen Konferenzen ebenso im Mittelpunkt wie die erstrebte Definition eines „neuen Händelbildes".

Walther Siegmund-Schultze definierte Händel als eine Persönlichkeit, die „im Sinne des progressiven Bürgertums“ ein „Realist, Humanist, Aufklärer“ war. Die Besinnung auf eine schon zu Lebzeiten zu begründende Bedeutung und Wirkung Händels führte immerhin zu einer sich langsam wandelnden und die Gepflogenheiten des 18. Jahrhunderts stärker berücksichtigenden Aufführungspraxis.

Bei der Wiederbelebung der Opern Händels bedeutete das, die Partitur notengetreu umzusetzen und die Libretti weitgehend wörtlich ins Deutsche zu übertragen. Den Prinzipien des realistischen Musiktheaters wurde allenfalls mit Retuschen nur geopfert, was als dramaturgische Ungereimtheiten gestört hätte.

Am Beginn dieser Zeit der Suche nach neuen Wegen hinterließ bei vielen einheimischen Künstlern und Festspielgästen das Gastspiel 1961 der Handel Opera Society London mit Händels „ Rinaldo“ einen nachhaltigen Eindruck. Langsam deutete sich in Halle die Weiterführung der so genannten Händel-Renaissance durch eine neue Generation an. Ende der 60er Jahre legte Horst-Tanu Margraf den Dirigentenstab aus der Hand.

Seit 1968 bot die Einbeziehung des historischen Ambientes von Bad Lauchstädt eine gern angenommene Aufwertung des Festspielprogramms.

Die 70er Jahre können aus heutiger Sicht als Jahre der „Gärung und der Herausforderung“ bezeichnet werden: „Wirkungsvolle musikalische Erlebnisse während der Festspiele, staatsdoktrinäre Manifestationen […], sich an Händels Internationalität knüpfende ehrgeizige Ziele, hoffnungsvolle Träume, zähes Ringen um Positionen..." (Karin Zauft)

Als es staatlicherseits angesagt war, auf möglichst vielen Ebenen politische Souveränität zu demonstrieren, war es offenbar an der Zeit, den Namen der Festspiele zu ändern. Seit 1972 hießen sie „Händel-Festspiele der DDR in Halle“. Jedoch unabhängig von politischen Vorgaben verleugnete ihre inhaltliche Konzeption nicht das Ringen um höchste künstlerische Qualität und um Anerkennung bei Fachleuten und Händel-Musik-Liebhabern auch im internationalen Maßstab.

Die jenseits des Eisernen Vorhangs gewonnenen neuesten Erkenntnisse historischer Musizierweisen verlangten nun ebenfalls hierzulande nach einer erneuten Auseinandersetzung mit der gesamten Barockästhetik. In Bereich der Oper geriet der Realismus-Begriff angesichts derartiger Überlegungen ins Wanken.

In den Wissenschaftlichen Konferenzen während der Festspiele wurden unwiderlegbare Ergebnisse der Händel-Forschung vorgelegt.

In den 80er Jahren präsentierten sich inzwischen die meisten Festspiel-Beiträge mit einer annähernd historisch getreuen Musizierweise. Die Festspiele konnten durchaus als ein Podium des Vergleichs und gegenseitigen Ansporns selbstbewusst vertretener, künstlerischer Auffassungen wahrgenommen werden.

In der Oper entsprach es zunehmend dem Standard, die ursprünglichen Kastratenpartien mit Frauen oder Countertenören zu besetzen. Ab Mitte des Jahrzehnts setzte sich nach gelegentlichen gemischt-sprachlichen Fassungen (Italienisch-Deutsch) zunehmend die Aufführung in der Originalsprache durch. Im Szenischen löste man sich nach und nach von einer rein naturalistischen Theaterästhetik. Der Durchbruch erfolgte mit Peter Konwitschnys Inszenierung der Oper „Floridante“ 1984 in Bad Lauchstädt. Durch den Einzug des umstrittenen „Regietheaters" gerieten Halles Opernproduktionen wieder international ins Gespräch.

Im Zusammenhang mit der langfristig vorbereiteten „Bach-Händel-Schütz-Ehrung“ der DDR im Jahre 1985 erfolgte in Halle bereits 1983 die Gründung eines „Georg-Friedrich-Händel-Zentrums“, dessen Hauptarbeitsgebiete von nun an das Museum Händel-Haus und die Händel-Festspiele bildeten.

Zum Höhepunkt jenes Zeitraums gestalteten sich zweifellos die Veranstaltungen im Jahr des 300. Geburtstages von Händel. Alle einheimischen Potenzen wurden aktiviert, und eine ganze Reihe internationaler Solisten und Ensembles bereicherten die Festspiele diesseits des Eisernen Vorhangs. Zwei herausragende Ereignisse besonderer Art bedeuteten damals für das überwiegend ostdeutsche Festspielpublikum die Aufführung von „Israel in Egypt“ durch John Eliot Gardiner mit seinen English Baroque Soloists und seinem Monteverdi Choir und das Gastspiel der Welsh National Opera mit „ Tamerlano“.

Für die aus aller Welt angereisten Fachleute stellte das Händel-Werk-Verzeichnis, dessen Bände in diesen Jahren von dem halleschen Musikwissenschaftler Bernd Baselt vorgelegt wurden, einen der wichtigsten Meilensteine der Händel-Forschung dar. Die HWV-Nummern fanden von nun an in allen Programmen der Festspiele konsequent Anwendung.

Was die Händel-Festspiele in Halle bisher getragen und begleitet hatte – viel persönliches Engagement und die Überzeugung, dass Händels Musik von zeitloser Wirkung ist und jeden erreichen kann – bestätigte sich auch nach der „Wende“ als wichtigster Motor.

Aus dem Umbruch ergaben sich unter anderem die Auflösung des so genannten Georg-Friedrich-Händel-Zentrums, die Gründung eines Programmbeirates und die Bildung eines Vereins zur Förderung der Festspiele. Die Übernahme des Etats erfolgte zu gleichen Teilen durch die Stadt Halle als Veranstalter und die Landesregierung von Sachsen-Anhalt. Daneben erklärten sich private Sponsoren aus der Wirtschaft und Freunde und Kollegen des In- und Auslands zur Unterstützung bereit.

Die Kontakte zu den Festspielorten Göttingen und Karlsruhe konnten intensiviert werden. Der nach einer mehrjährigen Unterbrechung erstmals wieder vergebene Händel-Preis ging 1993 an den künstlerischen Leiter der Göttinger Händelfestspiele Nicholas McGegan.

Die Festspiele, die ab 1999 sogar auf jeweils zehn Tage erweitert wurden, steigerten ihre Attraktivität nicht zuletzt durch Einbeziehung neuer Spielstätten. Dazu gehörten unter anderem sehr bald die ehrwürdigen Sakralräume Marktkirche und Dom, die zu Händels Biographie in enger Beziehung stehen.

An der für Halle bislang typischen Zusammenführung von Musikwissenschaft und künstlerischer Praxis wurde ausdrücklich festgehalten. Die Thematik der jeweiligen Wissenschaftlichen Konferenzen und die Neuerscheinungen der Halleschen Händel-Ausgabe bestimmen nicht selten das Angebot der zur Aufführung gebrachten Werke.

Die zur ganzen Musikwelt hin gewonnene Öffnung machte es nun noch selbstverständlicher, dass hallesche Künstler neben und mit den für Barockmusik spezialisierten Solisten und den internationalen Ensembles auf historischen Instrumenten musizierten. Aus Musikern des Opernhaus-Orchesters wurde das Händelfestspielorchester als Spezialensemble für historische Aufführungspraxis gebildet. Dem Vorbild anderer Festivals folgend wurden die jährlichen Neuproduktionen von Händel-Opern von wechselnden renommierten Regisseuren inszeniert und nur noch teilweise dem hauseigenen Ensemble anvertraut. Stattdessen setzten gefeierte Stars als Gastsänger Glanzlichter.

Die Jubiläums-Festspiele vom 8. bis 17. Juni 2001 in Georg Friedrich Händels Geburtsstadt Halle an der Saale boten Anlass zur Rückbesinnung auf Höhen und Tiefen einer wechselvollen Festivalgeschichte seit 1952. Gleichzeitig gestalteten sie sich mit 42 Veranstaltungen und 1500 Mitwirkenden aus aller Welt zu einem Musikereignis von so in Halle bis dahin kaum erlebter Qualität und Quantität.

Die Schirmherrschaft hatten der britische Premierminister Tony Blair und der Bundeskanzler Gerhard Schröder übernommen. Mit dem Händel-Preis der Stadt Halle wurde Sir John Eliot Gardiner geehrt.

Die Gäste der Festspiele erlebten so manche einzigartigen Konzerte und Opernaufführungen als noch lange nachwirkende Ereignisse. Dazu gehörten an erster Stelle die Aufführung des „Messiah“ unter Sir John Eliot Gardiner und der „Tamerlano“ als Koproduktion der Direktion der Händel-Festspiele, des Goethe-Theaters Bad Lauchstädt, des Théâtre des Champs Élysées und des Sadlers Wells Theatre, London, unter der musikalischen Leitung von Trevor Pinnok. Direktion der Händel-Festspiele und Opernhaus Halle steuerten als Festspielproduktion die Inszenierung des „ Rodrigo“ bei. Sie war zugleich die 58. Premiere einer Händel-Oper am halleschen Theater. Wie inzwischen immer üblich beruhte das Aufführungsmaterial auf der wissenschaftlich-kritischen Editionsarbeit der Hallischen Händel-Ausgabe.

Im Hinblick auf die zahllosen, zwar vereinzelten, aber durchaus festspielwürdigen Aktivitäten in Händels Geburtsstadt schon lange vor 1952 sollte von 2002 an auf eine weitere Zählung im offiziellen Titel der Händel-Festspiele verzichtet werden.

Das Festjahr 2009 bot in der Stadt Halle ein umfangreiches Programm. Es reichte von einem Festwochenende zu Händels Geburtstag im Februar über eine Gedenkwoche zum 250. Todestag im April bis zu einem Galakonzert Cecilia Bartolis im Oktober. Die Musikfreunde waren gleichsam aufgerufen, den Spuren des „frühen Europäers“ Händel zu folgen. Das Zentrum aller Veranstaltungen bildeten die Händel-Festspiele im Juni.

Die Schirmherrschaft über die Festspiele übernahmen Queen Elizabeth II und Bundespräsident Horst Köhler.

Hochkarätige in- und ausländische Ensembles und Solisten wurden dem Thema der Festspiele gerecht. Das geschah sowohl unter Berücksichtigung historischer Aufführungspraxis als auch in ganz moderner, zeitgenössischer Sicht. Auf dem Programm standen unter anderem vier Opern Händels und drei seiner großen Oratorien. In bewährter Weise ergänzte die mehr als fünfzig Veranstaltungen wieder ein vielfältiges kostenfreies Rahmenprogramm. Zusätzlich erwies sich die von der Stiftung Händel-Haus initiierte neue Dauerausstellung „Händel - der Europäer" im Musikmuseum Händel-Haus als Publikumsmagnet.

Zur Internationalen Wissenschaftlichen Konferenz waren mehr als vierzig Referentinnen und Referenten aus elf Ländern angereist. Sie gingen der Stellung Händels in der europäischen Musikgeschichte und den möglichen Gründen für die bis heute weltweit anhaltende Rezeption seines Werkes nach.

Die Programmgestaltung der Händel-Festspiele passte sich 2010 den Anforderungen der internationalen Festivallandschaft an: Es dominiert nun kein übergreifendes Motto mehr, sondern Themenschwerpunkte bestimmen das Programm. Ein weiterer Fokus gilt der spannenden Entwicklung in der Aufführungspraxis der vergangenen Jahre: Barockmusik goes U-Musik aus den Jahrhunderten. Mit diesen Brückenschlägen erschließen die Händel-Festspiele jedes Jahr neue Publikumsgruppen.

Statt eines Generalmottos setzt die Festspielintendanz seit 2010 auf inhaltliche thematische Reihen, die das Festspielprogramm prägen und Möglichkeiten bietet, Händels Leben und Werk auch in andere Kontexte zu setzen. Häufig hängt die Wahl des jeweiligen Schirmherren, der eine Festrede am Eröffnungstag hält, mit der thematischen Ausrichtung zusammen.

2010    Ritter und andere Helden

2011    Händel und Dresden

2012    Händel und die Konfessionen / Nach Luther

2013    Macht und Musik / Nach Luther (aufgrund der Flut ausgefallen)

2014    Georg & Georg / Nach Luther

2015    Händel und seine Interpreten

2016    Geschichte - Mythos - Aufklärung 

2017    Original? - Fälschung?

2018    Fremde Welten

Tradition bleiben jedoch die Aufführung einer Händel-Oper durch die Oper Halle und die Aufführung des „Messiah“, Händels populärstes Werk.

Dazu kommen Brückenschläge zu anderen Musikrichtungen wie dem Jazz und Rock, zu anderen Künsten wie dem Tanz und dem Schauspiel sowie verschiedenen Kulturkreisen. Genau diese Brücken machen das Programm spannend für Jung und Alt: Hier trifft Klassik auf Moderne, Barock auf Jazz, historische Aufführungspraxis auf moderne Interpretationen – so wird Musik lebendig, frisch und belebend.

Seit 2011 findet jeweils im Herbst ein herausragendes Vorkonzert zur Einstimmung auf die nächsten Händel-Festspiele statt.

Im Juni 2013 mussten die Händel-Festspiele Halle erstmalig in ihrer Geschichte abgesagt werden. In der Stadt Halle wurde der Katastrophenfall aufgrund der angespannten Hochwassersituation festgestellt. Rund um das bereits geplante Vorkonzert im November 2013 wurden weitere Veranstaltungen gelegt, um sich auf diese Weise für die Unterstützung nach Absage der Festspiele zu bedanken. Dies fand ein so positives Echo, dass seitdem die „kleinen Händel-Festspiele“, die so genannten "Händel im Herbst"-Tage mit wachsendem überregionalen Interesse stattfinden.